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  nationalsozialistischer Gesinnung: 
  Hans Grimm in Duderstadt
 
 
  Beim Blättern im Jahrgang 1950 der Duderstädter Südhannoverschen 
  Volkszeitung, die als katholisch-konservativ zu charakterisieren ist, stößt 
  man auf die Überschrift „Hans Grimm spricht in Duderstadt“. Der Dichter 
  werde, so die Ankündigung, am 8. Mai 1950 in der Aula des 
  Gymnasiums „zur geistigen Situation unserer Zeit“ Stellung nehmen. Am 
  6.5.1950 folgte ein zweiter Hinweis auf die Veranstaltung. Die Zeitung 
  titelte “Ein Willkommen für Hans Grimm” und schrieb: „Der Dichter des 
  großen deutschen Romans ‚Volk ohne Raum’ verlässt das alte 
  Klosterhaus auf dem Lippoldsberg an der Weser unweit Göttingen, um 
  nach langem Schweigen das Wort an uns zu richten. Sein erster Weg 
  nach Deutschlands Zusammenbruch führt ihn in unsere Grenzstadt im 
  Herzen Deutschlands.“ Daran anschließend wurde Grimm dargestellt als 
  Ratgeber für deutsche Menschen, die bei ihm geistige Wegweisung und 
  seelische Hilfe suchten. Er wurde vorgestellt als Autor, der in seinem 
  neuesten Werk „Die Erzbischofsschrift“ eine mutige Antwort auf den 
  Vorwurf der „Kollektivschuld“ und zu dem den Deutschen zugefügten 
  Unrecht gebe.
  Hans Grimm war eingeladen worden durch den Leiter der 
  Kreisvolkshochschule, Dr. Hellberg, und durch die Duderstädter 
  Buchhändler - das waren die Inhaber der Buchhandlungen Mecke, 
  Seseke und Wagner. Grimm war selbst 1950 noch ein entschiedener 
  Verteidiger des Nationalsozialismus. In der genannten und gerühmten 
  “Erzbischofsschrift” rechtfertigte er den Nazi-Terror im “Dritten Reich”. 
  Der Nationalsozialismus sei von seinem Ursprung her eine höchst 
  moralische, geradezu religiöse Bewegung gewesen, die mit ihren 
  Vorstellungen von Brüderlichkeit und gegenseitiger Verpflichtetheit der 
  Volksgenossen für die gesamte Menschheit hätte von Nutzen sein 
  können. In dem Umstand, dass die „Teilnehmer an der Bewegung“ eine 
  gemeinsame Abneigung „gegen den Kommunismus und gegen ein 
  auflösendes Judentum“ pflegten und statt Brüderlichkeit rücksichtslose 
  Ausgrenzung bis hin zum Mord praktizierten, sah Grimm dennoch nichts 
  Verwerfliches. Den NS-Terror gegen Andersdenkende, die Abschaffung 
  des Rechtsstaats und der demokratisch-freiheitlichen Ordnung wusste 
  Grimm sehr wohl zu rechtfertigen: “Einmal musste die Volkseinheit, und 
  sei es durch Zwang, hergestellt werden, zeitweilig mussten die ewigen 
  Kritiker und Querulanten und die Träger geistiger Vergiftung und 
  geschlechtlicher Morbidität ausgeschieden und die kalte Geldmacht 
  aufgehalten werden, einmal musste der Staat … sich durchsetzen gleich 
  einer Schiffsführung in höchster Not; und höchste Not bestand.“ 
  Der zweite Weltkrieg, so Grimm, wurde Hitler als Präventivkrieg 
  aufgezwungen durch die “offen bekannte Vernichtungsabsicht” der 
  Engländer gegenüber Deutschland. Über eine Kriegsschuld der 
  Deutschen sei also nicht zu sprechen. Kriegsverbrechen der Wehrmacht 
  verwies er in den Bereich propagandistischer Unwahrheiten. 
  Zwangsarbeit wurde in seiner Darstellung zur Wohltat gegenüber den 
  Betroffenen. Ein Verbrechen sah er nicht. Dagegen leugnete Grimm den 
  Völkermord an den Juden nicht. Hier sah er “Hitlerismus”, also letztlich 
  nur einen dafür Verantwortlichen. Und er relativierte dieses Verbrechen, 
  um es zu minimieren. (Siehe dazu den Text in der rechten Spalte!)
  Wie war nun die Reaktion auf die geistige Wegweisung durch Hans 
  Grimm in Duderstadt? Das Göttinger Tageblatt schrieb über das, was 
  auf die Lesung Grimms folgte: Demnach weilte er noch „einige Stunden 
  im Kreise seiner Duderstädter Freunde … man versteht, dass seine 
  Dorfgemeinde zu ihm wie zu einem Vater steht. Dem Dichter ist es 
  gegeben, Vertrauen einzuflößen. Vertrauen zu dem deutschen 
  Menschen wieder. Und auch Stolz auf dieses Deutschsein!“ [1] Es war 
  ein Bericht aus erster Hand, denn Dr. Hellrung hatte ihn verfasst. Das 
  Beisammensein bestärkte also bürgerliche Alt-Nazis in ihrer Gesinnung. 
  Protest gegen Grimm und die Dichterlesung ist in Duderstadt nicht 
  überliefert. Der Leiter der Kreisvolkshochschule wurde nicht fristlos 
  seines Postens enthoben. Im Gegenteil, etwa ein Jahr später drückte 
  der Kreistag, in dem die CDU über eine große Mehrheit verfügte, sein 
  Bedauern darüber aus, dass Dr. Hellberg Duderstadt verließ. Auch 
  gegen das Wirken der Buchhändler erhob sich kein Widerspruch, 
  jedenfalls ist davon nichts überliefert. Niemand ist bekannt, der Anstoß 
  genommen hätte. Vielmehr schob die Südhannoversche Volkszeitung 
  am 21. Juli 1950 sogar noch einen weiteren Grimm-Artikel auf ihrer 
  Duderstädter Lokalseite nach, nämlich einen Bildbericht über ein 
  „Dichtertreffen bei Hans Grimm“ mit Will Vesper, Erwin Guido 
  Kolbenheyer und Heinrich Zillich sowie mehreren tausend Zuhörern, 
  welche diese aus dem Dunstkreis der Nazi-Zeit bekannten und 
  inspirierten Autoren mit Ovationen begrüßten.
  (1) “Plauderstunde mit Hans Grimm”, Göttinger Tageblatt, Ausgabe 
  Duderstadt vom 15.5.1950
  (Die auf dieser Seite zitierten Äußerungen Grimms sind entnommen 
  seinem Buch Die Erzbischofsschrift. Antwort eines Deutschen, 
  Göttingen 1950, Seite 17-50.)
   
 
 
   
  Hans Grimm 
  und der Holocaust
 
 
  
 
  Den Völkermord an 
  den Juden leugnete 
  Grimm dagegen nicht, 
  sondern nennt ihn eine 
  unmenschliche Untat.   
  Er habe sich aber, so 
  Grimm, „an den Kopf 
  gefasst“, als Pfarrer 
  Niemöller in einer 
  Göttinger Kirche von 6 
  Millionen getöteter 
  Juden redete. Das sei 
  eine Propagandaziffer. 
  Und Grimm findet in 
  seinem Buch Wege, 
  das deutsche Volk, 
  wenn schon nicht von 
  Schuld freizusprechen, 
  so doch erheblich zu 
  entlasten durch den 
  Verweis auf andere. 
  Nicht nur, deass er 
  hier “Hitlerismus” am 
  Werk sah.Er erwähnt 
  auch die von König 
  David eroberte Stadt 
  Rabba der Ammoniter 
  und zitiert aus der 
  Luther-Bibel: „Aber 
  das Volk drinnen 
  führte er [König David] 
  heraus und legte sie 
  unter eiserne Sägen 
  und Zacken und 
  eiserne Keile und 
  verbrannte sie in 
  Ziegelöfen. So tat er 
  allen Städten der 
  Kinder Ammon.“ 
  [Zweites Buch Samuel 
  12, Vers 31.] Daran 
  schloss Grimm an: 
  „Ich will dartun, dass 
  unmenschliche 
  Verwirrung selbst die 
  Propheten überfiel und 
  anscheinend, wo ein 
  Volk gequält wird, 
  immer wieder 
  entsetzlich 
  auszubrechen vermag 
  bis hinein in unsere 
  Zeit.“ 
  Das, was wir heute 
  den Holocaust 
  nennen, erscheint bei 
  Grimm sozusagen als 
  eine Fortsetzung 
  dessen, was 
  vergleichbar dem 
  biblischen Volk Gottes 
  auch schon unterlief, 
  nur eben diesmal mit 
  umgekehrten 
  Vorzeichen, also 
  gegen die Juden 
  gerichtet. – Klein und 
  kleiner wird bei solcher 
  relativierender 
  Sichtweise die 
  Verantwortung der 
  Deutschen für den von 
  ihnen an den 
  europäischen Juden 
  mit den Mitteln des 
  modernen 
  Industriestaats 
  begangenen 
  Völkermord.
 
 
  